Sigmund Freud (1856-1939)

Sigmund Freud war ein Neurologe des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts. Er gilt als Vater der modernen Psychologie und als Hauptentwickler der Psychoanalyse.

Frühes Leben

Sigmund Freud wurde 1856 in Freiberg, Mähren, als ältestes von acht Kindern geboren. Seine Familie zog nach Wien, als Freud vier Jahre alt war. Er besuchte eine vorbereitende Schule in der Leopoldstadt, wo er sich in Griechisch, Latein, Geschichte, Mathematik und Naturwissenschaften auszeichnete. Aufgrund seiner akademischen Überlegenheit wurde er im Alter von siebzehn Jahren an der Universität Wien aufgenommen. Nach Abschluss des Studiums studierte er Medizin und promovierte in Neurologie.

Freud heiratete 1886 Martha Bernays, mit der er sechs Kinder hatte. Das jüngste von Freuds Kindern, Anna Freud, wurde eine einflussreiche Psychologin und glühende Verfechterin der Theorien ihres Vaters.

Berufliches Leben

Nach seiner Arbeit mit Joseph Breur am Wiener Allgemeinen Krankenhaus reiste Freud nach Paris, um bei Jean-Martin Charcot Hypnose zu studieren. Als er im folgenden Jahr nach Wien zurückkehrte, eröffnete Freud seine erste Praxis und begann, sich auf Erkrankungen des Gehirns und der Nerven zu spezialisieren. Freud stellte bald fest, dass Hypnose eine unwirksame Methode war, um die von ihm gewünschten Ergebnisse zu erzielen, und er begann, eine Form der Gesprächstherapie mit seinen Patienten anzuwenden. Diese Methode wurde als „Gesprächskur“ bekannt und hatte zum Ziel, den Patienten zu ermutigen, das Unbewusste anzuzapfen und die unterdrückten Energien und Emotionen darin loszulassen. Freud nannte diese Funktion Verdrängung und war der Ansicht, dass diese Handlung die Entwicklung der emotionalen und körperlichen Funktionalität behindert, die er als psychosomatisch bezeichnete. Das Element der Gesprächstherapie wurde schließlich zur Grundlage der Psychoanalyse.

Beitrag zur Psychologie

Freud stützte sich stark auf die Schwerpunkte von Philosophen wie Nietzsche, Dostojewski und Kant. Freuds Theorien beeinflussen nach wie vor einen Großteil der modernen Psychologie, und seine Ideen finden auch in der Philosophie, Soziologie und Politikwissenschaft ihren Widerhall, wobei Denker wie Jacques Lacan und Karl Marx sich stark auf Freuds Theorien stützen. Freuds Betonung des frühen Lebens und des Triebes zum Vergnügen sind vielleicht seine wichtigsten Beiträge zur Psychologie. Selbst zeitgenössische Psychologen, die Freuds Theorien ablehnen, interessieren sich oft für das frühe Leben eines Klienten und die Beziehung zwischen Kind und Eltern. Zu den wichtigsten Theorien Freuds gehören:

  • Die Entwicklung des Unbewussten und des Bewussten. Freud vertrat die Ansicht, dass der Geist aus dem bewussten Geist besteht, der die Gedanken und Überzeugungen enthält, derer wir uns bewusst sind. Das Unbewusste hingegen ist ein Speicher für verdrängte Erinnerungen und unausgesprochene Wünsche, und Probleme mit dem Unbewussten können zu Problemen mit dem Verhalten und der Gefühlsregulation führen.
  • Das Strukturmodell der Persönlichkeit. Auf der Grundlage seiner Theorie des Unbewussten entwickelte Freud die Konzepte von Es, Ich und Über-Ich. Das Ich ist die alltägliche Persönlichkeit, die wir der Welt präsentieren, die aber nur einen Bruchteil des wahren Selbst einer Person darstellt. Das Über-Ich hingegen dient als eine Art Gewissen und verinnerlicht moralische, soziale und kulturelle Normen. Das Es ist eine genusssüchtige, primitive Struktur, die von Geburt an vorhanden ist. Es bildet die Grundlage der Persönlichkeit eines Menschen, und unbewusste Es-Wünsche können scheinbar unerklärliche Verhaltensweisen erklären.
  • Stadien der psychosexuellen Entwicklung. Diese Stadien, zu denen das orale, das anale, das genitale, das latente und das phallische gehören, stellen verschiedene Stadien der kindlichen Entwicklung dar, in denen ein Kind eine wichtige psychologische Aufgabe zu erfüllen hat. Die Hauptaufgabe der analen Phase ist beispielsweise das Toilettentraining. Wenn es nicht gelingt, eine wichtige Entwicklungsaufgabe kompetent zu bewältigen, kann dies zu späteren psychologischen Problemen führen, die mit dieser Phase zusammenhängen. Kinder, die Schwierigkeiten beim Toilettentraining haben, können sich beispielsweise zu anal zurückhaltenden Erwachsenen entwickeln. Eine der populärsten und am meisten diskutierten Subtheorien innerhalb der psychosexuellen Entwicklungsphasen ist der Ödipuskomplex. In diesem Entwicklungsstadium fühlt sich der Sohn inzestuös zu seiner Mutter hingezogen und empfindet Rivalität gegenüber seinem Vater. Er muss diese Herausforderung lösen, indem er sich mit seinem Vater identifiziert.
  • Das Konzept der Abwehrmechanismen. Freuds Abwehrmechanismen – die immer noch Teil der zeitgenössischen Psychologie sind – sind Werkzeuge des Unbewussten, die dazu dienen, die Realität zu verändern, um Schmerz und Leid zu vermeiden. Verdrängung ist zum Beispiel die Tendenz, beunruhigende Ereignisse zu vergessen, während Projektion die Tendenz ist, die eigenen Charakterzüge auf jemand anderen zu projizieren. Freuds Abwehrmechanismen wurden von seiner Tochter Anna Freud weiter entwickelt und kodifiziert.
  • Traumdeutung. Freud glaubte, dass Träume gedeutet werden können, um wichtige Informationen über die Psychologie und die Persönlichkeit einer Person zu erhalten, und er glaubte, dass Träume häufig der Wunscherfüllung dienen.

Freud hat in der Populärkultur eine wegweisende Rolle gespielt. Bilder von einem Patienten, der auf einer Couch liegt, sind zum Beispiel Anspielungen auf Freud. Seine Bemerkung „Manchmal ist eine Zigarre nur eine Zigarre“ wird immer noch manchmal verwendet, um darauf hinzuweisen, dass nicht jede Handlung eine tiefe psychologische Bedeutung hat. Freudsche Ausrutscher kommen außerdem vor, wenn eine Person das sagt, was ihr Unterbewusstsein denkt oder sich wünscht. Zum Beispiel könnte eine Frau sagen: „Ich will meinen Ex-Freund tot sehen“, wenn sie eigentlich sagen wollte: „Ich will meinen Ex-Freund zurück.“

Späteres Leben und Vermächtnis

Freud erkrankte 1923 an Krebs und verstarb sechzehn Jahre später. Seine Ideen werden auch heute noch diskutiert, und seine Techniken und Interpretationen werden weithin als Grundlage der modernen Psychoanalyse akzeptiert. Sigmund Freud gilt als eine der einflussreichsten Persönlichkeiten in der Geschichte der Psychologie.

Bücher von Sigmund Freud

  • Studien zur Hysterie (mit Josef Breuer, 1895)
  • Die Traumdeutung (1899)
  • Die Psychopathologie des Alltags (1901)
  • Drei Aufsätze zur Theorie der Sexualität (1905)
  • Witze und ihr Verhältnis zum Unbewussten (1905)
  • Wahn und Traum in Jensens Gradiva (1907)
  • Totem und Tabu (1913)
  • Über Narzissmus (1914)
  • Einführung in die Psychoanalyse (1917)
  • Jenseits des Lustprinzips (1920)
  • Das Ich und das Es (1923)
  • Die Zukunft einer Illusion (1927)
  • Die Zivilisation und ihr Unbehagen (1930)
  • Moses und der Monotheismus (1939)
  • Ein Abriss der Psycho-Analyse (1940)
  • Die vollständigen Briefe von Sigmund Freud an Wilhelm Fliess (1986)
  • Die Standardausgabe der gesamten psychologischen Werke von Sigmund Freud (1999)

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