Commentary

In den letzten Jahren haben mehrere Übersichten und/oder systematische Reviews versucht, die Erstlinienbehandlung von Depressionen zu definieren.1-3 Konsistente Ergebnisse dieser Reviews sind: (1) SSRIs und TCAs unterscheiden sich im Allgemeinen nicht in ihrer Wirksamkeit, und (2) die Unterschiede in den Abbruchraten sind nur geringfügig zugunsten der SSRIs. Es ist jedoch bekannt, dass viele relevante Ergebnisse in RCTs fehlen, insbesondere wenn man individuelle Patientenmerkmale und ein bestimmtes Antidepressivum miteinander in Einklang bringen will.

Diese umfassende Übersichtsarbeit von Keller konzentriert sich auf Citalopram, den jüngsten SSRI, der in den USA für die Behandlung von Depressionen zugelassen ist. Anhand von Informationen aus doppelblinden RCTs und Daten aus pharmakokinetischen Studien und Fallberichten bewertet der Autor die Wirksamkeit und Verträglichkeit von Citalopram im Vergleich zu Placebo, TCAs und anderen SSRIs.

Obwohl Keller eine restriktive Suchstrategie für das Auffinden von RCTs anwendet, hat seine Übersicht den Vorteil, dass auch andere Studiendesigns berücksichtigt werden. Ergebnisse, die für die Wahl eines bestimmten Antidepressivums relevant sind, wie z. B. Langzeitwirkungen des Medikaments, werden in RCTs kaum berichtet und untersucht, können aber in anderen Studiendesigns verfügbar sein.

Wie erwartet ist Citalopram besser als Placebo, hat eine ähnliche Wirksamkeit wie die TCAs und ist, wie andere SSRIs, gut verträglich und sicher. Kellers Ansatz liefert weitere relevante Informationen: In-vitro-Studien deuten darauf hin, dass Citalopram nur minimale Auswirkungen auf das Cytochrom-P450-System hat und ein geringes Potenzial für Arzneimittelinteraktionen aufweist. In-vivo-Studien haben diese Befunde bestätigt, so dass man sagen kann, dass Citalopram eine gute Alternative für ältere Menschen und Patienten mit komorbiden Erkrankungen ist.

Weitere interessante Befunde, wie der schnellere Wirkungseintritt im Vergleich zu Fluoxetin, bedürfen noch der Replikation in größeren RCTs. Eine andere RCT, die nicht in diese Übersichtsarbeit einbezogen wurde, ergab einen potenziell schnelleren Wirkungseintritt von Mirtazapin gegenüber Citalopram.4

Der Mangel an wissenschaftlichen Informationen aus RCTs darf für klinische Entscheidungen nicht lähmend sein. Diese Übersichtsarbeit unterstreicht die Tatsache, dass je nach spezifischer Fragestellung auch in anderen Studien als RCTs zuverlässige Belege gefunden werden können.

  1. Hotopf M, Lewis G, Normand C. Are SSRIs a cost-effective alternative to tricyclics? Br J Psychiatry 1996;168:404-9.

  2. Song F, Freemantle N, Sheldon TA, et al. Selective serotonin reuptake inhibitors: meta-analysis of efficacy and acceptability. BMJ 1993;306:683-7.

  3. Mulrow CD, Williams JW Jr, Trivedi M, et al. Treatment of depression-newer pharmacotherapies. Rockville, MD: Agency for Health Care Policy and Research, Februar 1999. AHCPR Publication No 99-E014.

  4. Leinonen E, Skarstein J, Behnke K, et al, and the Nordic Antidepressant Study Group. Wirksamkeit und Verträglichkeit von Mirtazapin im Vergleich zu Citalopram: eine doppelblinde, randomisierte Studie bei Patienten mit schwerer depressiver Störung. Int Clin Psychopharmacol 1999;14:329-37.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.